Von Oliver Leibbrand
Seit 1925 erinnerte der Altonaer Bicycle-Club von 1869/80 (ABC) posthum an seinen Vereinsgründer, Harro Feddersen, mit einem Erinnerungsrennen. Es war als Mannschaftrennen ausgeschrieben und fand jedes Jahr im Mai zum Auftakt in die Rennsaison statt.
Auch 1931 gingen die Fahrer bei der Gaststätte Groth an der Elbchaussee auf die Strecke: Sie fuhren über Dockenhuden, Schenefeld und Pinneberg hinaus aus der Stadt; dann über Wedel, Rissen und Blankenese wieder zurück zur Elbchaussee zum Ziel. Beim Rennen waren alle namhaften Vereine Hamburgs am Start. Neben RV Germania, RV Sport Bergedorf, den Hamburger- und den Rothenburger- Radtouristen stellte der RV Endspurt von 1905 gleich drei Mannschaften auf.
Am Sonntagmorgen ging es bei gutem Wetter los und am Streckrand feuerten zahlreiche Zuschauer die Fahrer an. Kurz nach dem Start gab es bereits viele Stürze, sodass die ersten Fahrer in Schenefeld aufgeben mussten. Doch „…die amtierende Sanitäts-Kolonne war zur Hand und sorgte für die nötige Überführung der Verletzten ins Krankenhaus.“ Ab Pinnberg entbrannte ein heftiger Zweikampf zwischen den Teams von RV Germania und RV Endspurt von 1905. Die erste Mannschaft von den Endspurtlern konnte einen geringen Vorsprung herausfahren und ins Ziel retten. „Der Kampf mit den an zweiter Stelle endenden Germanen war kurz, aber hart“, analysierte der zuständige Sportjournalist knapp. Besonders hob der die Leistung des Fahrers Crackow von Endspurt hervor, der seine Mannschaftskollegen immer wieder zu Vorstößen motivierte und zusammenhielt. So siegte Endspurt vor zahlreichen Zuschauern, die die Straßen zum Zielbereich säumten mit einem komfortablen Vorsprung von ca. zwei Minuten.
Hier die Platzierungen der ersten vier Mannschaften:
1. RV Endspurt (1:17:57)
2. RV Germania (1:19:58)
3. RV Sport Bergedorf (keine Zeitangabe)
4. Hamburger Radtouristen (1:22:23)
Auch im darauffolgenden Jahr, 1932, fand das Rennen als klassisches Radrennen des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) statt. Höchstwahrscheinlich zum letzten Mal, denn aufgrund der Machtübernahme der Nationalsozialisten, die folglich damit begannen, Sportveranstaltungen als Länderkämpfe zu inszenieren und national zu verklären, verschwand das Harro Feddersen-Rennen aus dem Rennkalender in Hamburg.
Im Programm zum Erinnerungsrennen vom 8. Mai 1932 mutmaßte der ABC, dass sich manch einer die Frage stellt: „Wer war Harro Feddersen?“ Und noch heute ist kaum bekannt, dass Harro Feddersen der Pionier der Radsportentwicklung in Norddeutschland war. Er war begeisterter Verfechter des Velocipedensports der 1860er Jahre; Gründer des ABC – ältester Bicycle-Club der Welt; maßgeblich an der Gründung des Deutschen Radfahrer Bundes von 1884 beteiligt; unterhielt Kontakte zu sämtlichen Radsportprotagonisten im In- und Ausland und setzte sich vehement und über Jahrzehnte hinweg für die gesellschaftliche Akzeptanz des Radfahrens ein. Er hatte auch ein Eisenwaren- und Waffengeschäft auf der Palmaille in Altona, in dem er Velocipeden, Hochrräder und Dreiräder sowie Radfahrunterricht anbot.
Mehr Bilder unter http://altonaer-bicycle-club.de/history/index.php?id=115019145844
Quelle der Zitate zum Rennen: Zeitungsartikel von 1931 ohne Quellenangabe. Internationales Radsportarchiv Badmünster Eifel
Bild: aus dem Endspurt Archiv